Die AG Naturwissenschaften

Naturwissenschaftlicher Unterricht mit blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern sucht die Balance zwischen den curricularen Vorgaben der Kultusministerien auf der einen Seite und den Anforderungen einer blinden- und sehbehindertenpädagogischen Methodik und Didaktik auf der anderen Seite. Im Vordergrund steht das Anknüpfen an Umwelterfahrungen und das Hinführen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Die Empfehlung der Kultusministerkonferenz von 2009 zur Stärkung der mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Bildung deklariert diese als „grundlegenden Bestandteil zeitgemäßer Allgemeinbildung“. Sie sei „eine wesentliche Voraussetzung für die aktive Teilhabe eines jeden Einzelnen an gesellschaftlicher Kommunikation und Meinungsbildung über technische Entwicklung und naturwissenschaftliche Forschung“ (KMK 2009, S. 1). Folglich ist die Bildung blinder und sehbehinderter Menschen in den Naturwissenschaften ein wichtiger Baustein für ihre gesellschaftliche Teilhabe. Die von der Kultusministerkonferenz entwickelten Bildungsstandards für die naturwissenschaftlichen Fächer müssen gegebenenfalls durch blinden- und sehbehindertenspezifische Methoden und Verfahrensweisen umgesetzt werden.

Die Empfehlung der Kultusministerkonferenz sagt außerdem über die mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Bildung: „Sie verhilft zum Verständnis der modernen Welt und ihrer prägenden Kräfte und Wirkungen“. (KMK 2009, S. 1) Um dieses Ziel auch für blinde und sehbehinderte Menschen zu erreichen, muss der Unterricht an deren Vorerfahrungen anknüpfen, welche möglicherweise von denen normal sehender Menschen abweichen. Umso wichtiger ist das Ermöglichen eines phänomenologischen Zugangs aus der Alltagswelt der Lernenden, um immer wieder den Bezug zu ihrer Umwelt begreiflich zu machen.

Das Experimentieren sollte (auch und gerade) im naturwissenschaftlichen Unterricht mit blinden und sehbehinderten Menschen eine zentrale Rolle spielen, da hierbei die Prinzipien des handelnden Lernens und der Einsatz vieler Sinne gefördert werden. Hierbei stellen klar strukturierte, übersichtliche Versuchsaufbauten eine wesentliche Grundlage dar. Das schülerorientierte Durchführen von Experimenten stärkt ihre Handlungs-, Methoden- und Sachkompetenz und nimmt damit wichtige blinden- und sehbehindertenpädagogische Lernziele in den Focus. Es ermöglicht außerdem die Berücksichtigung individueller Lernprozesse, z. B. durch das Entwickeln eigener Lösungswege.

Die Fertigkeit, spezielle  Messgeräten zu nutzen, und das Erlernen spezieller Arbeitstechniken, die für blinde und sehbehinderte Menschen entwickelt oder gut für sie geeignet sind, stellen hierbei eine weitere elementare Grundlage dar. Gleichzeitig müssen insbesondere beim Einsatz von Messgeräten die Vielseitigkeit ihrer Einsatzmöglichkeiten, ihr Nutzen für den Alltag und die Anschaffungskosten gegeneinander abgewogen werden.

Insbesondere für blinde Menschen müssen Aspekte der Notation berücksichtigt werden. Hierzu gehören Brailleschriftsysteme, wie Mathematik- oder Chemieschrift genauso wie Möglichkeiten, grafische Darstellungen von Diagrammen oder Verlaufskurven nachvollziehbar taktil umzusetzen. Dem schließt sich die Auseinandersetzung mit der Erkenntnissicherung und ihrer Interpretation an, bei der die Verwendung von Zeichnungen und Abbildungen in Umfang, Komplexität und Notwendigkeit dem Einsatz von Modellen oder sprachlicher Darstellungsform gegenübergestellt werden muss.

Die derzeitige Praxis in der Bildung blinder und sehbehinderter Menschen zeigt, dass die Lehrkräfte, welche sich mit diesem Thema beschäftigen, sehr unterschiedliche Qualifikationen und Blickwinkel mitbringen. Häufig bedarf es kreativer Ideen Einzelner, um die vielen Facetten der Fächer mit blinden- und sehbehindertenpädagogischen Hinweisen abzudecken. Daher ist es Ziel der VBS-AG Naturwissenschaften, für alle Interessierten, ein Forum des Austausches zu sein. Dies gilt sowohl für diejenigen, die nach Ideen suchen, als auch für diejenigen, die diese einbringen können und möchten.
 

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