Die AG Psychologie

Situationsbeschreibung / Ausgangssituation
Blinde und sehbehinderte Menschen können – wie alle Menschen – von psychischen Problemen betroffen sein. Aufgrund einer Sehschädigung verläuft die Entwicklung blinder und sehbehinderter Kinder und Jugendlicher unter erschwerten Bedingungen, wodurch es zusätzlich zu Störungen im sozialen, emotionalen und Leistungsbereich kommen kann. Die geforderten Anpassungs- und Kompensationsleistungen in einer Welt, die stark visuell orientiert ist, machen Entwicklungskrisen, Blockaden und Fehlentwicklungen wahrscheinlicher. Sind zusätzlich weitere Einschränkungen, wie z. B. eine Hörschädigung, eine chronische Erkrankung oder eine geistige Behinderung vorhanden, bedeutet dies für den Betroffenen und sein familiäres Umfeld weitere Belastungen in der persönlichen Entwicklung, der schulischen und beruflichen Ausbildung, bei der Berufsfindung und Entwicklung einer Lebensperspektive.

Menschen, die zu einem späteren Zeitpunkt erblinden, müssen dagegen mit einer einschneidenden Veränderung ihrer Lebenssituation zurechtkommen, die traumatisierend erlebt werden kann. Die Betroffenen und ihr familiäres Umfeld werden mit einer Situation konfrontiert, mit deren Bewältigung sie und die Angehörigen oft überfordert sind.

Von zunehmender Bedeutung ist die große Gruppe der Menschen, die im Alter ihre Sehfähigkeit verlieren und damit ebenso wie ihr Umfeld einer hohen Belastung ausgesetzt sind. Wissenschaftliche Untersuchungen haben bei bis zu 30 % der sehbehinderten Senioren eine klinisch relevante Depression gefunden, was auf die Notwendigkeit hinweist, psychologische Fachkompetenz in die Versorgungsstrukturen dieser Klientel zu integrieren.

Ziele und Aufgaben der Psychologie
Angesichts der dargestellten Störungs- und Belastungsfaktoren bedarf es einer fachlich kompetenten psychologischen Versorgung blinder und sehbehinderter Menschen und ihren Angehörigen. Ziel der psychologischen Unterstützung ist es stets, den blinden bzw. sehbehinderten Menschen in seiner individuellen Lebenssituation besser zu verstehen und auf therapeutischem oder beratendem Weg die Bedingungen für eine ihm gemäße Entwicklung zu verbessern.
Mit der Behinderung zu leben, sich selbst anzunehmen und die eigenen Interessen zu vertreten, ist das zentrale Anliegen der psychologischen Arbeit mit behinderten Menschen.

Ein Teil der psychologischen Hilfe besteht in einer umfassenden und differenzierten Psychodiagnostik (Leistungs-, Persönlichkeitsdiagnostik). Mittels wissenschaftlich überprüfter Diagnoseverfahren und systematischer Verhaltensbeobachtung werden notwendige Informationen gewonnen, um fundiert über Interventionen zu entscheiden oder in Fragen der Ausbildung und beruflichen Integration Hilfen zu geben.

Psychologische Interventionen umfassen je nach Problem- und Zielstellung Krisenintervention, psychologische Beratung, Einzel- und Gruppentherapie, Trainings- und Fördermaßnahmen sowie übende Verfahren. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Psycholog/innen, Eltern/Angehörigen beratend zur Seite zu stehen und das familiäre Umfeld zu unterstützen.
Ein weiterer Schwerpunkt in der psychologischen Aufgabenstellung ist die Beratung und Unterstützung von Mitarbeiter/innen in der pädagogischen Arbeit. Diese reicht von psychologischer Fachinformation zum besseren Verständnis von Besonderheiten, die mit Blindheit oder Sehbehinderung einhergehen können, über Fortbildungsangebote, Beratung und Unterstützung bis zu Supervision und Coaching.

Hierzu ist eine administrative Position außerhalb der Personalhierarchie sinnvoll. Diese begünstigt auch die Reflexion der Arbeit der Institution durch Psycholog/innen auf dem Hintergrund ihrer fachlichen Perspektive und Beteiligung an der Erarbeitung und Fortschreibung pädagogischer Konzepte.
Die interdisziplinäre Kooperation mit anderen Berufsgruppen und Institutionen ist ebenfalls wichtiger Bestandteil der psychologischen Tätigkeit.

Voraussetzungen der psychologischen Arbeit
In den Institutionen, die sich auf die Arbeit mit blinden und sehbehinderten Menschen spezialisiert haben, muss psychologische Kompetenz einen festen Stellenwert haben. Es bedarf einer ausreichenden Zahl wissenschaftlich ausgebildeter Diplom-Psycholog/innen, um die genannten Aufgaben zu bewältigen.

Auch für die Integration bzw. Inklusion blinder und sehbehinderter Menschen ist dringend ein Versorgungsnetz aufzubauen, das qualifizierte psychologische Beratung und therapeutische Hilfen für die Betroffenen und ihre Eltern garantiert.
In der Beratung und Weiterqualifikation von Personal (z. B. Lehrer/innen, Erzieher/innen, Sozialpädagog/innen), das im Rahmen von Inklusion mit blinden und sehbehinderten Menschen befasst ist, muss ebenfalls psychologische Kompetenz vertreten sein. Hierfür sind entweder entsprechende Stellen zu schaffen oder eine Refinanzierung für erfahrene Fachkräfte aus den vorhandenen Kompetenzzentren zu sichern.

Die AG Psychologie des VBS
Die VBS-AG Psychologie bietet Psychologinnen und Psychologen, die mit der Habilitation und Rehabilitation blinder und sehbehinderter Menschen befasst sind, ein Forum zum Austausch und zur Information. Die regelmäßig stattfindenden Tagungen stellen ein qualifiziertes Fortbildungsangebot dar für die psychologische Arbeit mit blinden oder sehbehinderten Menschen. Sie stehen auch nicht-psychologischen Fachkräften offen.

In einem ca. halbjährlichen Rhythmus verschickt der Vorstand der AG Psychologie einen Rundbrief an interessierte Kolleg/innen. Darüber hinaus ist die AG Psychologie bemüht, sich in Fragen der psychologischen Versorgung und Infrastruktur zu engagieren.

Der Vorstand der AG ist auch auf europäischer Ebene über das Psycholog/innen-Netzwerk des ICEVI vernetzt.
 

Leitung

Mechthild GahblerAG Leitung
Mechthild Gahbler
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Regina Deckert stv. AG Leitung
Regina Deckert
c/o Nikolauspflege
Am Kräherwald 271
70193 Stuttgart
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